Kuchen und ein Hauch von Mystik
Kreta: Irgendwo ist immer eine Ziege! ;)
Von Exópolis aus führt uns die Route in den späten Morgenstunden auf die New Road/ grobe Richtung: Chóra Sfakión, bzw. Arádena‐Brücke.
Wandern wollen wir nicht, aber wir ahnen, dass die Strecke eine der landschaftlich unglaublichsten Inselerlebnisse werden wird.
Die weißen Gipfel der Levka Ori begleiten uns auf unserer Route wie alte Freunde.
Eine zweispurige Asphaltstraße schlängelt sich in sanften Kurven durch die Felslandschaft.
Meine Augen wissen nicht, wo sie zuerst hinschauen sollen.
Graue Steine zwischen roter Erde säumen den Straßenrand.
Wie versteinerte Fabelwesen stechen einzelne Steine immer wieder besonders hervor und schauen so aus, als könnten sie in jedem Moment zum Leben erweckt werden.
Auf der Fahrt nach Frangokástello werden wir mit spektakulären Aussichten belohnt
Zu unserer linken Seite ragt eine alte Festung in den Himmel.
Tavernen, die eine grandiose Aussicht versprechen, fliegen an uns vorüber. Stellenweise fragen wir uns, wo wohl die ganzen Leute herkommen, die dort essen gehen. Häuser haben hier jedenfalls Seltenheitswert.
Vereinzelt begegnen uns Wanderer.
Die Knutschkugel schiebt sich tapfer durch immer schmaler werdende Serpentinen, während tief unter uns das tiefblaue Meer in seiner unendlichen Weite liegt.
Heeerz-Momeeent!!!
Irgendwo sind ein paar Hühner ausgebüxt und tippeln aufgeregt über die Straße.
Durch die geöffneten Fensterscheibe hören wir helles Glöckchenbimmeln. Wenig später sehen wir die ersten Ziegen am Wegesrand.
Manche laufen unaufgeregt umher; die besonders entspannten unter ihnen pflanzen sich mitten auf den Asphalt und lassen sich von ein paar Touristenautos keineswegs aus der Ruhe bringen.
Heeerzmomeeent!
Mein bester Ehemann von allen lenkt die Knutschi wir ein kretischer Taxifahrer durch die - teilweise herausfordernde Kurvenlandschaft.
Kreta will es heute wissen.
Mit allen Mitteln zeigt sie uns was sie drauf hat. So viele Kurven scheinen im himmelblauen Nirgendwo zu münden.
Und nach jeder dieser Kurven schenkt uns Kreta dermaßen beeindruckende Aussichten, dass wir vor lauter Gucken, Staunen, Luftholen - und vor allem vor lauter Begeisterung - kaum noch wissen, wo uns der Kopf steht.
Hinter jeder einzelnen Straßenwindung wartet ein
Heeerzmomeeent!
Immer schmaler werden die Kurven, und immer häufiger der Anblick der Ziegenfamilien.
Oftmals stehen oder liegen sie in schwindelerregender Höhe bei den Leitplanken.
Unsere Reiseschildkröte Zoé verlässt mehrmals während der Fahrt unfreiwillig ihren Stammplatz auf dem Armaturenbrett und purzelt bei der wilden Kurverei kreuz und quer durch die Knutschi.
Es rumpelt dramatisch, als wir die Arádenabrücke überqueren.
Zu beiden Seiten öffnet sich anschaulich der riesige Schlund der Schlucht.
Wow!
Auch während der Weiterfahrt reiht sich ein Herzmoment an den nächsten.
Die Levkas beschenken uns mit dem geheimnisvollen Leuchten ihrer weißen Gipfel.
Wenn wir die Fenster öffnen, hören wir den Gesang der Zikaden und riechen den würzig‐frischen Duft der Pinien.
Ein besonders markanter großer Stein schaut aus wie eine riesige Kröte, die unsere Kurverei kritisch beäugt.
Manche Steine sehen so eigenartig "aufgesetzt" auf, als habe eine unsichtbare Hand sie auf die Felsen geklebt.
Wie sie dort halten können? Keine Ahnung...
Kreta kichert - und sie schweigt. Es wird wohl ihr Geheimnis bleiben.
In Chóra Sfakión kehren wir für eine "kleine Stärkung" bei Despina ein.
Hier gibt es herausragend gute Kuchen, die man bei einem Blick auf den kleinen Hafen genießen kann.
Wenn ihr euch einmal in der Ecke herumtreibt, können wir euch einen Besuch bei ihr nur empfehlen.
Kreta Tipp: Despinas Café in Chóra Sfakión
Unsere Fahrt geht ebenso spektakulär weiter, wie sie begonnen hat, bis wir unser nächstes Ziel - den charismatischen Ort Frangokástello besuchen.
Unmittelbar am libyschen Meer, an der Südküste Kretas, liegt dieses abgelegene Örtchen. Gerade einmal 150 Einwohner leben in dem Dorf, das der Gemeinde Sfakiá zugeordnet wird.
Kleine Pensionen, Hotels und Tavernen sind in dem Ort zu finden. Einen Dorfkern im herkömmlichen Sinne gibt es nicht.
Die gleichnamige venezianischen Festung aus dem 14. Jahrhundert ist ein sehr bekanntes, historisches Wahrzeichen Kretas.
Umrahmt von einer Bergkulisse, thront sie auf einer Anhöhe oberhalb des Strandes.
Früher diente sie unter anderem dazu, Piratenangriffe abzuwehren. Im Zuge des Griechischen Unabhängigkeitskrieges kam es im Jahre 1828 zu einer grausamen Schlacht.
Besonders an den Wochenenden wird der weitgehend naturbelassene, seicht abfallende Sandstrand gerne von Einheimischen besucht.
Um die ausdrucksstarke Festung ranken sich zahlreiche mystische Geschichten und Legenden.
Während der großen Schlacht von Frangokástello am 17. Mai 1828 ist es zu erbitterten Kämpfen zwischen den Griechen und den Türken gekommen.
Die Kämpfe haben ca. eine Woche angedauert.
Die Leichen der Krieger sollen bei heftigem Wind unter dem Sand begraben worden sein. Dort liegen ihre Überreste noch heute.
Es heißt, dass Ende Mai bis Anfang Juni die Seelen der Gefallenen in der Morgendämmerung gesehen werden können.
Von den Einheimischen werden sie "Drosoulites" (Schatten im Tau) genannt.
Sie tauchen in einer langen Reihe auf und erscheinen nur bei besonderen Windverhältnissen und einer bestimmten Luftfeuchtigkeit für etwa zehn Minuten. In Meeresnähe verblassen sie, bis sie schließlich verschwinden.
Es soll sogar versucht worden sein, dieses Phänomen wissenschaftlich zu untersuchen.
Den Rest des Tages verbringen wir an einem ruhigen Strandabschnitt von Frangokástello.
Ich mag den einfachen Charakter des Strandes, der ohne jeden Schnickschnack auskommt.
Es dauert nicht lange, und ich bin auf meiner Liege eingeschlafen.
Begleitet wird mein Schlaf einzig und allein von dem sanften Rauschen der Wellen und den leisen Zikadenkonzerten im Hintergrund.
Die Präsenz der stolzen Festung ist an diesem Ort allgegenwärtig, und sie verleiht dem Strand einen mehr als besonderen Flair.
Um die Festung ranken sich geheimnisvolle Erzählungen
Zu Hause erwarten uns die funkelnden Lichter der Strandpromenade von Georgioúpolis.
Was für ein Tag! Was für Inselüberraschungen!
Was für unfassbare Herzmomente!
Efcharistó, Kreta für all die Geschenke dieses fantastischen Tages