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AutorenbildKirstin

Kreta-Tipp für den Südwesten: Unser Besuch auf der Eselfarm Agía Marina Donkey Rescue in Petrokefali

Aktualisiert: 1. Okt.

Esel, Berge, Herzmomente


Hinweis:

Der nachfolgende Text enthält Passagen aus meinem Buch "Mein zauberschönes Kreta 2022".

Ganz im Zeichen der Esel steht der heutige Urlaubstag.

Unsere Inselfreundin passt sich unserem Vorhaben am Morgen farblich an: Der Himmel wird von einem unsommerlichen Mausgrau durchzogen.

Es ist windstill und duftet verdächtig nach Regen, der bald darauf auch schon in dicken Tropfen vom Himmel fällt.

Auf der vertrauten New Road bewegen wir uns zunächst in Richtung Réthymnon und nehmen die Abfahrt Spíli/ Agía Galíni.

Bedrohlich aussehende Wolkenberge ziehen auf und wollen das spärlich vertretene Himmelblau vertreiben.

Grün-goldene Hügel werden von den dunkelgrauen Wolkenmassen verschluckt.

Die Fels‐Giganten dahinter wollen vielleicht das Gröbste von uns fernhalten. Einige der schweren Wolkenungetüme bleiben jedenfalls in den Gipfeln hängen.

Wie jedes Jahr besuchen wir das Agia Marina Donkey Rescue und möchten nicht ohne Futter für die Esel dort aufkreuzen.


Wir sind bestens gerüstet für unsere Fahrt zu den Eseln


Auf der Straße von Mátala über Petrokefali nach Mirés wird der Autofahrer so manches Hinweisschild für die Rettungs-Station entdecken.

Bei der Abzweigung nach Sivas finden sich am Wegesrand niedliche gelb und schwarz bemalte Esel-Piktogramme, die auf das Resort aufmerksam machen. Hinter den Hinweisen verbirgt sich die Zufahrt zur Agia Marina Donkey Sanctus, die ihren Namen einer kleinen Kapelle in der Nähe verdankt.

Hier betreiben, die aus Neuseeland stammende Barbara Doulyerakis und ihr griechischer Ehemann Fanis seit 2006 den Gnadenhof für Esel, die keine Heimat mehr hatten.

Viele Esel standen vor einer ungewissen Zukunft.

Seit Jahrtausenden werden Esel als Arbeits- und Transporttiere eingesetzt.

Die trittsicheren Langohren stellen sich oft mit ihren Fähigkeiten bis an ihr Lebensende in den Dienst der Menschen. Sie transportieren zuverlässig und geduldig Oliven, Strohballen und leider allzu oft immer noch Touristen.

Haben die Esel, die zusätzlich häufig Misshandlung erfahren, mit ihrer Arbeitskraft ausgedient, sterben sehr viele der ausgelaugten Tiere in der heißen Sonne.

Oftmals verdursten sie, werden am Straßenrand ausgesetzt und somit einem ungewissen Schicksal überlassen.

Bei Barbara und Fanis dürfen Esel und Mulis wie diese ganz in Ruhe mit viel Liebe und bei gutem Futter alt werden.

Das Ehepaar ist mit Tieren aufgewachsen und betreibt die Eselfarm mit spürbarem Herzblut und viel Energie.

Sie haben ihnen kleine Unterschlüpfe gebaut, halten das Gelände in Ordnung, kümmern sich um das leibliche und seelische Wohl ihrer Esel. Dabei stehen sie in Kontakt mit verschiedenen Tierärzten, die regelmäßig nach den Langohren schauen und die medizinische Versorgung übernehmen.

Von März bis in den November hinein ist es für Touristen möglich, die Einrichtung vormittags und am Nachmittag zu besuchen. Die genauen Besuchszeiten können der Internetseite entnommen werden.

Der Eintritt zur Farm ist kostenfrei.

Es gibt hausgemachte Produkte, wie zum Beispiel vorzüglichen Honig, für die Besucher zu kaufen. Der Erlös fließt in die Erhaltung des Resorts und die Versorgung der Esel.

Die Esel dürfen nach Herzenslust gestreichelt, gekrault und gebürstet werden, was die meisten der Tiere sichtlich genießen. Über ein Bündel Möhren oder ein paar Äpfel freuen sich die Tiere immer.

Im Herbst und Winter nutzt die tierliebe Familie die Zeit, um sich um angefallene Renovierungsarbeiten zu kümmern.

Das gesamte Projekt wird privat betrieben. Es gibt keinerlei öffentliche Unterstützung.

Wer möchte, kann vor Ort spenden.

Niemand wird um Spenden gebeten oder zur Unterstützung gedrängt.

Barbara und Fanis freuen sich über jeden, der vorbeikommt und den Eseln etwas Zeit schenkt.

Wer die Arbeit dennoch, beispielsweise in Form von Spenden oder Patenschaften unterstützen möchte, findet auf der Website unaufdringliche Möglichkeiten.


Kreta Tipp: Das Agia Marina Donkey Rescue widmet sich dem Schutz von Eseln, die es bisher nicht gut in ihrem Leben hatten. Wir sind tief berührt von den Schicksalen der Tiere und haben eine Patenschaft für einen der Esel übernommen.


Ein unübersehbares Schild am Zaun sagt uns, dass wir richtig sein müssen.

Nachdem wir das schwere Metall-Tor an die Seite geschoben haben, bahnen wir uns auf dem schmalen und dicht bewachsenen Pfad einen Weg.

Uns kommen Besucher der Farm entgegen.

Sie tragen allesamt ein seliges Lächeln auf ihren Lippen und sind in Gedanken versunken.

Bei uns steigt die Spannung.

Wir fragen uns, ob auch wir diesen Ort mit so einer sichtbaren Freude wieder verlassen werden.

Schließlich erreichen wir eine gemütliche, überdachte Terrasse. An diesem schattigen und einladenden Plätzchen sitzen einige Menschen entspannt zusammen und blicken uns freundlich entgegen.

Eine junge Dame, die uns in unserer Muttersprache begrüßt, kommt freudig auf uns zu und empfängt uns mit großer Herzlichkeit.

Es herrscht eine so ruhige und friedliche Atmosphäre auf der Farm, dass ich mir schlagartig vorkomme, als seien wir auf einem Planeten gelandet, der weder böse Worte noch gemeine Taten kennt.

Es ist so ein Ort, an dem sich etwas in mir lautstark zu Wort meldet und eindrücklich danach verlangt, ich möge biiitteeee hierbleiben und am besten nie wieder weggehen.

Wenn ich fortgehen muss, dann nur, um der Welt von diesem Ort zu erzählen.

Binnen kürzester Zeit sind mein bester Ehemann und ich in tiefgehende und dennoch fröhliche Gespräche vertieft.

Auf der Eselfarm braucht es nicht einmal die übliche „Anlaufzeit“ zum Kennenlernen.

Ohne es aussprechen zu müssen, weiß jeder von uns, dass es nicht an der Zeit ist, die wertvollen Stunden mit Oberflächlichkeiten zu füllen.

Kreta lächelt bestätigend.


                            „Zeit ist wertvoll.
                     Nutze sie klug.“

Wenn Fanis von „seinen Eseln“ erzählt, tanzen die sympathischen Lachfältchen um seine Augen.

Fanis lacht, als er uns zwinkernd berichtet, er sei nicht nur ein „Freund“ der Esel, sondern quasi auf einem Esel geboren worden.

Was für ein Glück für die vielen Langohren!

Die Frau, die uns so nett begrüßt hatte, spürt meine wachsende Unruhe.

Sie hat meinen Blick bemerkt, der angezogen wird von einer hellgrauen Eseldame, die mich mit ihren großen dunklen Augen die ganze Zeit bewegungslos anschaut.

Die junge Frau lacht.

„Das ist Antigoni“, erklärt sie und berichtet, dass die kleine Eseldame noch nicht lange auf der Farm lebt.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Eseln, hatte es Antigoni bei ihrer Besitzerin sehr gut gehabt.

Die alte Esel-Lady hat ihren Platz am Gatter entdeckt und begrüßt jeden Besucher so freundlich und aufmerksam, dass sie jedes Herz in Sekundenschnelle schmelzen lässt.

Mit Striegel und Kardätsche ausgestattet, quetschen wir uns an der freundlichen Antigoni mit ihren schönen braunen Augen vorbei und erkunden mit der Eseldame das Areal mit den knorrigen Bäumen.

Esel haben die Angewohnheit, Baumrinde abzuknabbern, erfahren wir später.

Deshalb schauen die Bäume ziemlich mitgenommen aus. Ihre knorrigen, dunklen Äste ragen in bizarren Formationen in den tiefblauen Himmel hinein.

Die heißen Sonnenstrahlen tragen zur Trockenheit bei. Der Boden ist staubig.

Vorsichtshalber hatte ich im Auto meine leichten Sommersandalen gegen feste Schuhe ausgetauscht.

Wie sich bald darauf zeigt, war das ein schlauer Plan.

Manche der Esel und Mulis sind sehr anhänglich und genießen unsere Nähe. Wenn versehentlich ein nackter Zeh unter den Hufen landet, kann das unter Umständen – und im wahrsten Sinne des Wortes – in einem „blauen Wunder“ enden.

Mein Mann wird durchgehend von einem großen, dunkelbraunen Muli mit sehr langen Ohren und einer hellen Schnauze verfolgt. Wir wurden zuvor davor gewarnt, dass der Gute einem ganz schön auf die Pelle rücken kann.

„Wenn euch Hermés zu aufdringlich wird, könnt ihr den einfach wegschieben“, wird uns erklärt.

Also halten wir den Burschen sanft, aber bestimmt auf Abstand. Wir freuen uns zu sehen, dass er, trotz seiner schlechten Erfahrungen mit Menschen, keine Angst vor uns hat.

Die Zeit der Schläge und der Angst ist für die Esel, die hier leben dürfen, ein für allemal vorbei.

„Niemals wieder wird einer unserer Esel von einem Menschen geschlagen!“, hatten uns Barbara und Fanis berichtet.

Den Tieren ist deutlich anzusehen, dass dieses Versprechen eingehalten wird.

Einige Esel liegen entspannt in der Sonne.

Manche der Mulis versuchen sich zu wälzen.

Es bereitet ihnen sichtliche Mühe, sich mittels ihrer Körperkraft von einer Seite auf die andere zu rollen.

Einige der Langohren dösen im Stehen unter dem überdachten Unterschlupf.

Sie zeigen an, ob sie in Ruhe gelassen werden möchten oder ob sie offen für unsere Streicheleinheiten sind.

Viele Esel genießen es sehr, wenn wir ihr dichtes Fell mit den Bürsten bearbeiten und ihnen eine kleine Massage geben. Manche schieben ihre warmen weichen Nüstern aufmunternd in unsere Handflächen hinein und sagen damit deutlich, dass sie gestreichelt werden wollen.

Sie stupsen uns neckend und auffordernd an, blasen uns ihren warmen Atem entgegen oder halten uns demonstrativ ihre Kruppe zum Kraulen entgegen.

Wir blicken in sanftmütige Esel-Augen hinein, die ganze Bände von Geschichten erzählen.

Wir kraulen unzählige Ohren, streicheln das sonnengewärmte Fell der Tiere, knien Stirn an Stirn mit diesen schönen Geschöpfen und lassen uns gerne von ihnen und ihrem besonderen Wesen verzaubern.

Ein Herz-Moment nach dem anderen reiht sich unaufhaltsam aneinander und hinterlässt bleibende Seelen-Abdrücke.

„Heeerz-Momeeent!“, rufen wir einander immer wieder zu. Und noch einmal:

„Herz-Moment, Herz-Moment, Herz-Moment!“

Die besonderen Augenblicke umgeben uns wie ein goldener Regen aus magischem Insel-Staub.

Nach kurzer Zeit ist unser Schuhwerk grau vom trockenen Staub. Aber unsere Herzen sind von jedem Schmutz befreit.

Meine Insel-Freundin ist hochzufrieden mit ihrem rührenden Hexenwerk und schickt mir die Krönung ihrer zauberhaften Hexereien hinterher:

Antigoni, die kleine Eseldame, die mich von Beginn an im Visier ihrer hübschen braunen Augen hatte, verfolgt mich auf Schritt und Tritt.

Wo immer ich mich hinbewege, stakst die graue Esel-Lady mit wippenden Öhrchen hinter mir her und schaut mich mit ihren klugen ausdrucksvollen Augen intensiv an.

Eine Familie, die sich mit uns zwischen den Eseln und Mulis bewegt, wird derweil von einer kommunikativen Ziegendame verfolgt, die nicht einmal im Traum daran denkt, sich abwimmeln zu lassen.

Nachdrücklich meckernd fordert sie ihre Streicheleinheiten ein und schreckt nicht davor zurück, sich ungeniert mitten in den Weg zu stellen, wenn sie glaubt, nicht ausreichend gesehen zu werden.


Noch viele Stunden lang könnte ich meine Stirn an die pelzige, warme Stirn der sanftmütigen Eseldame Antigoni lehnen und Zwiesprache mit der grauen Lady halten.

Doch einmal heißt es, Abschied zu nehmen; das Resort wird bald schließen.

Schweren Herzens verabschieden wir uns von den Langohren.

Auf der gemütlichen Terrasse unterhalten wir uns mit Barbara, mit Fanis und einigen anderen Besuchern.

Wir haben viele Fragen, die geduldig und mit leuchtenden Augen beantwortet werden.

Wir wollen mehr über die Einzelschicksale der Esel erfahren.

Barbara und Fanis achten sensibel darauf, ob wir die Informationen emotional aushalten können.

(Bitte überspringe die folgenden Textpassagen, wenn du merkst, dass dir der Inhalt zu nahe geht).

Da ist der imposante Hermés, der die Besucher des Resorts auf Schritt und Tritt verfolgt.

Haritomeni hat mehr als 30 Jahre Lasten geschleppt.

Ihre Gelenke schmerzen; sie sind kaputt von der harten Arbeit. Sie hat schwere Arthrose und ihre Knochen werden nie wieder heilen.

Persephoni hat üble Erfahrungen mit Menschen gemacht. Berührungen kennt sie nur in Verbindung mit Schmerz, sodass es der sensiblen Eseldame schwerfällt, liebevolle Bürstenstriche als etwas Angenehmes einzuordnen.

Phaedra hat drei (!) Jahre benötigt, bis Barbara sie erstmals anfassen durfte.

Wir erfahren, dass manche der Esel bei der Ankunft kaum stehen oder gehen können.

Sie sind verängstigt, ihre Seelen gebrochen und ihr Vertrauen zerstört.

Einige Esel haben nie die Erfahrung machen dürfen, von einer menschlichen Hand gestreichelt zu werden. Sie kennen weder Leckerlis in Form von Streicheleinheiten und sanften Worten fürs Gemüt noch Leckerlis für den Magen.

Wenn die Esel und Mulis ihren Job nicht mehr machen können, werden sie nicht selten einfach überfahren, bei lebendigem Leib über die Klippen geworfen oder irgendwo draußen angebunden, wo sie schließlich aufgrund von Wassermangel qualvoll und langsam verenden.

Ernst und betroffen hören wir uns die schlimmen Geschichten an.

Angesichts der schrecklichen Hintergründe fühlen wir uns ohnmächtig. Uns ist so deutlich bewusst, dass es überall auf dieser Welt ähnliches Leid gibt.

„Wo soll man denn da anfangen?“, frage ich stumm in Richtung meiner Insel-Freundin.

Dann fällt mein Blick „ganz zufällig“ auf die bezaubernde Antigoni, die ihre weichen Nüstern über den Zaun schiebt und neugierig zu uns herüberschaut.

Wenigstens ihr und den anderen Eseln haben wir für eine kurze Zeit schöne Erlebnisse schenken können.

Kreta hat etwas zu sagen:


                           „Tu, was du kannst.

                         Dort, wo du bist.

                 Mit dem, was du hast.“


Eigentlich ist es total egal, wo man anfängt.

Entscheidend ist nur, dass man beginnt.

Der kleinen Agapi, dem beeindruckenden Hermés, der zuckersüßen Antigoni und vielen weiteren Eseln und Mulis bleibt ein schlimmes Ende erspart, weil es Menschen wie Barbara, Giorgia und Fanis gibt.

Die bedanken sich herzlich für die Möhrchen und strahlen so eine authentische Freude aus, dass wir vollständig davon erfasst werden.

Mit vereinten Kräften werden die schweren Säcke voller Eselfutter mit Hilfe einer Schubkarre aus der Knutschkugel geholt.

Wir verlassen die Donkeys sehr glücklich, mit wundervollen Erfahrungen und außerdem mit mehreren Gläsern des hausgemachten köstlichen Honigs von kretischen Bienen.


Als wir diesen bezaubernden Ort hinter uns lassen umgibt uns ein dezentes Wölkchen aus Bananen-Aroma und Esel-Duft.


Fanis und seine Tochter Giorgia - wunderbare Menschen mit einem riesigen Herz für Tiere. Leider nicht auf dem Foto: Barbara


Dass es auf der Rückfahrt kräftig zu regnen beginnt, stört uns nicht.

Wir tragen die Sonne im Herzen, haben den fantastischen Honig der Eselfarm im Gepäck und ein paar wunderschöne Souvenirs.

Gerade durchqueren wir die gewaltige Kédros‐Berglandschaft, als der Regen von jetzt auf gleich nachlässt.

Er hat dafür gesorgt, dass sich der typische Inselduft um ein Vielfaches verstärkt.

Es riecht nach dieser unverwechselbaren Mischung aus Pinien, Zypressen Kräutern, Früchten und Inselfrische.

Kreta schubst uns geradezu aus der Knutschkugel.

Kurz darauf stehen wir inmitten der kraftvollen Berge, atmen gaaanz tief ein und fühlen uns der Insel näher als jemals zuvor.


In den Bergen Kretas lässt sich die besondere Magie der Insel besonders spüren.


Dieser Gänsehaut‐Tag endet für uns in Georgioúpolis in Babis Taverna.

Ich liebe den Thunfischsalat dort. Doch auch die kleinen Vorspeisen waren absolut genial!

Bravo, Kreta! Gut gemacht!!!

Danke schön für unzählige Herzmomente in Form von sehr besonderen Begegnungen.

Wir freuen uns auf die nächsten Tage und sind gespannt auf die nächsten Abenteuer mit dir.

Kalinichta!

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